Page 22 - Sport im Betrieb Oktober 2023
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Rechtliches
Der organisierte Betriebssport und der „eSport“
Oder: Geht das zusammen?
Sowohl der Deutsche Olympische Sportbund e.V. (DOSB) als Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist
auch der eSport-Bund Deutschland e.V. (ESBD) vertreten jeweils bereits seit 2004 Generalsekretär des
eigene Definitionen des "eSport"-Begriffes. Der ESBD versteht Deutschen Betriebssportverbandes e. V.
"eSport" als "unmittelbaren Wettkampf zwischen menschlichen und seit 2015 auch Justiziar des Lan-
Spieler/innen unter Nutzung von geeigneten Video- und Compu- dessportverbandes für das Saarland
terspielen an verschiedenen Geräten und auf digitalen Plattfor- sowie Mitglied des Ausschusses für
men unter festgelegten Regeln". Der DOSB verwendet den Begriff Rechts- und Satzungsfragen des Lan-
"eSport" hingegen überhaupt nicht und unterscheidet begrifflich dessportbundes Berlin e.V.. Seit März
zwischen "elektronischen Sportartensimulationen" und "eGaming". 2016 ist er Dozent für Sport- und Ver-
Auch in der Sportwissenschaft besteht keine einheitliche Meinung, einsrecht an der Deutschen Hochschule
ob „eSport“ als Sport anzusehen ist. Selbst in den Gesetzen findet für Prävention und Gesundheitsma- Rechtsanwalt Patrick R. Nessler
sich weder eine allgemeingültige Definition für den "Sport", noch nagement.
für den "eSport". Rechtsanwalt Patrick R. Nessler, DBSV-Generalsekretär
Kastanienweg 15, 66386 St. Ingbert, Tel.: 06894 9969237
Zweck des Deutschen Betriebssportverbandes e.V. (DBSV) ist Fax: 06894 9969238, Patrick.Nessler@Betriebssport.net
nach § 2 Abs. 1 Satz 2 seiner Satzung die Förderung des Sports.
Insoweit ist der DBSV als „gemeinnützig“ anerkannt. Gemäß § 55
Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) dürfen deshalb Mittel des nicht gänzlich verboten. Wie auch z.B. der Verkauf von Speisen
DBSV nur für diesen satzungsmäßigen Zweck der „Förderung des und Getränken oder die Durchführung von Betriebsskat-
Sports“ verwendet werden. Entsprechendes gilt grundsätzlich für Meisterschaften durch einen gemeinnützigen Sportverband oder -
seine Landesbetriebssportverbände. verein möglich sind, ist das auch mit "eSport"-Veranstaltungen
möglich. Die Einnahmen und Ausgaben bezüglich dieser eSport-
Der Begriff des Sports findet sich in der gemeinnützigkeitsrechtli- Veranstaltungen sind steuerrechtlich jedoch den wirtschaftlichen
chen Regelung des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO, wird aber auch Geschäftsbetrieben zuzuordnen und nicht dem steuerbegünstig-
dort nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bun- ten Bereich des Verbandes oder Vereins.
desfinanzhofs (BFH) umfasst Sport in diesem Sinne Betätigun-
gen, die die allgemeine Definition des Sports erfüllen und der Aus (betriebs-)sportpolitischer Sicht spricht nichts gegen die
körperlichen Ertüchtigung dienen. Erforderlich ist dafür eine kör- Durchführung von Wettbewerben mit, wie der DOSB sie nennt,
perliche, über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Aktivi- elektronischen Sportartensimulationen. Die sogenannten „Ego-
tät, die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder Shooter“-Spiele“ sind nach der allgemeinen Meinung des organi-
durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewe- sierten Sports allerdings mit dessen ethischen Werten nicht ver-
gung gekennzeichnet ist (z. B. BFH, Urt. v. 29.10.1997, Az. I R einbar. Es ist nicht in Abrede zu stellen, dass "Ego-Shooter"-
13/97). Spiele und Echtzeitstrategiespiele in der Regel simulierte Körper-
verletzungen bzw. Tötungen von menschlichen oder phantasiege-
Der frühere Vorsitzende Richter am BFH Prof. Dr. Peter Fischer prägten Avataren auch bei Einhaltung der gesetzten Regeln bein-
hat in seinem für den DOSB erstellten Rechtsgutachten vom halten.
10.8.2019 überzeugend ausgeführt, dass "eSport" nicht die Vo-
raussetzungen des gemeinnützigkeitsrechtlichen Begriffs des Sollten solche Wettbewerbe mit elektronischen Sportartensimula-
Sports erfüllt. Das ist derzeit auch die herrschende Meinung. tionen durchgeführt werden, ist zu beachten, dass es nach Nr. 4
Satz 1 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu
Entgegen mancher Behauptungen und Veröffentlichungen in den § 55 grundsätzlich nicht zulässig ist, Mittel des ideellen Bereichs
Medien ist es weder dem ESBD selbst, noch einem "eSport"- (insbesondere Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse, Rückla-
Verein gelungen, die Steuerbegünstigung aufgrund der Förderung gen), Gewinne aus Zweckbetrieben, Erträge aus der Vermögens-
des Sports zu erhalten. Öffentlich bekannt geworden ist lediglich verwaltung und das entsprechende Vermögen für einen steuer-
die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von einzelnen "eSport"- pflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu verwenden, z. B.
Vereinen wegen der Förderung der Jugendhilfe nach § 52 Abs. 2 zum Ausgleich eines Verlustes. Unterhält der Verband oder Ver-
Satz 1 Nr. 4 AO, ein von der Förderung des Sports zu unterschei- ein mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe
dender Zweck. (z.B. auch noch Verkauf von Speisen und Getränken bei Sportfest
Damit ist eine Förderung des "eSports" durch den DBSV und oder Werbeleistungen für Sponsoren), ist für die Frage, ob solche
seine Landesbetriebssportverbände mit ihren steuerbegünstigten gemeinnützigkeitsschädlichen Verluste vorliegen, nicht auf das
finanziellen Mittel nicht möglich. Demgegenüber ist die Durchfüh- Ergebnis des einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Ge-
rung von "eSport"-Veranstaltungen im Betriebssport dadurch aber schäftsbetriebs, sondern auf das zusammengefasste Ergebnis
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